Der Wolf gehört nicht ins Jagdrecht

NABU: Nur guter Herdenschutz hilft der Weidetierhaltung

Wetzlar – Der NABU Hessen lehnt die Aufnahme des Wolfs in das hessische Jagdrecht ab. Anlässlich der heutigen Debatte im Hessischen Landtag erklärt NABU-Landesvorsitzender Maik Sommerhage, dass damit Weidetierhaltern eine Sicherheit vorgetäuscht werde, die es draußen vor Ort nicht gibt. „Wenn das nun dazu führt, dass Herdenschutzmaßnahmen unterlassen werden, kommt es durch neu zuwandernde Wölfe immer wieder zu Nutztierrissen. Ein nachhaltiger Schutz vor Wolfsübergriffen ist nur mit ausreichend hohen und unter Strom stehenden Zäunen oder mit Herdenschutzhunde zu erreichen“, so Sommerhage. Da der Wolf weiterhin streng geschützt sei, werde die Aufnahme des Wolfs in das hessische Jagdrecht an der rechtlichen Lage auch erst einmal nichts ändern.

Der NABU appelliert an die Landesregierung, eine hessenweite Kampagne zu starten, die die Weidetierhalter dazu motiviert, einen ausreichenden Herdenschutz umzusetzen. „Beim Schutz von Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden gibt es noch große Defizite. Nur ein solidarischer Herdenschutz, bei dem alle Weidetierhalter einer Region zusammenarbeiten und ihre Tiere schützen, führt zu einem gedeihlichen Miteinander von Wolf und Weidetieren“, erläutert die NABU-Wolfsexpertin Inge Till. Dazu gehöre eine ausführliche Beratung der Landwirte über guten Herdenschutz und die Fördermöglichkeiten des Landes. Beim Herdenschutz sei es sehr wichtig, die Lebensweise von Wölfen zu berücksichtigen. Durch einen Abschuss erfahrener Wölfe werde die Sozialstruktur von Wolfsfamilien so gestört, dass die verbleibenden Tiere weniger erfolgreich im Jagen von Wildtieren seien. Dann würden sie gezwungen, häufiger an unzureichend geschützte Nutztiere zu gehen, die normalerweise nur etwa 1,6 % ihrer Beute ausmachen. „Mit dem Abschuss einzelner Wölfe wird Weidetierhaltern mehr geschadet als genutzt“, so Till.

Verlagerung des Wolfszentrums zu HessenForst ist großer Fehler

Der NABU Hessen hält auch die geplante Verlagerung des Wolfszentrums und der Wildbiologischen Forschungsstelle aus dem Zentrum für Artenvielfalt beim HLNUG hin zum Landesbetrieb HessenForst für einen großen Fehler. Das Wolfszentrum habe in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet und die Situation um den Wolf und verschiedene Interessensverbände befriedet. Gemeinsam erarbeitete Forderungen zum Wolfsmanagement seien weitgehend vom Land umgesetzt worden. Das widerspreche dem Koalitionsvertrag, in dem vereinbart worden sei, das Zentrum für Artenvielfalt zu stärken. In der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD heißt es: „In einem neuen Naturschutzzentrum werden wir den Artenschutz und die Umweltbildung und die Zusammenarbeit von hauptamtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz stärken.“

Hintergrundinformationen

Laut dem Jahresrückblick des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) gibt es in Hessen derzeit 26 nachgewiesene Wölfe (2022: 19 Wölfe). Im letzten Jahr wurden insgesamt 118 Weidetiere von Wölfen gerissen, verletzt oder sind verschollen (2022: 26 Weidetiere). Dem gegenüber müssen laut dem Umweltministerium in Hessen jährlich etwa 15.000 Schafe und Ziegen und mehr als 20.000 Kälber als „Falltiere“ entsorgt werden, die während der Geburt oder durch Krankheiten vorzeitig zu Tode kommen (Quelle: Hessische Tierseuchenkasse).

Nach Angaben des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) kam es im letzten Jahr zu 38 Wolfsübergriffen auf Schaf- und Ziegenherden, bei denen der Grundschutz mit einem 90 cm hohen stromführenden Zaun nötig gewesen wäre. Doch nur bei 26 Fällen konnte ein ausreichender Herdenschutz festgestellt werden

Die Hauptnahrung des Wolfes in Deutschland ist das Reh (51 Prozent), gefolgt von Wildschweinen (20 Prozent) und Rotwild (13 Prozent). Dies haben Untersuchungen des Senckenberg Museums für Naturkunde (Görlitz) an über 8.700 gesammelten Kotproben aus den Jahren 2001 bis 2019 ergeben. Zu einem kleinen Teil (14 Prozent) stehen auch Damhirsch, Muffelschaf, Hase und andere kleine und mittelgroße Säuger auf dem Speiseplan. Mit ca. 1,6 Prozent der erbeuteten Biomasse sind Nutztierrisse die Ausnahme und spielen als Nahrung für das Überleben der Wölfe keine Rolle.

Für Rückfragen

Dr. Berthold Langenhorst, Geschäftsführer Kommunikation, Tel.: 0170-8347614

Mark Harthun, Geschäftsführer Naturschutz, Tel.: 0170-3652404

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