Das Baugebiet Affolterbach wurde in den 1990er Jahren genehmigt. Eine solche Ausweisung wäre heute aus mehreren Gründen nicht mehr möglich. Im November vergangenen Jahres verhängte die Untere Naturschutzbehörde einen Baustopp, da der bestehende Bebauungsplan die Vorgaben des besonderen Artenschutzrechts (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) nicht berücksichtigt.
Die anerkannten Naturschutzverbände NABU, BVNH und BUND setzen sich für den Erhalt des wertvollen Feuchtgebiets ein. Nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes sind diese Verbände als Träger öffentlicher Belange anerkannt und in Planungsverfahren einzubeziehen. In einem Erlass der Landesregierung Hessen aus dem Jahr 2022 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre Stellungnahmen sicherstellen, dass Gemeinwohlinteressen und der Schutz der Umwelt angemessen berücksichtigt werden.
Quelle: Erlass zur Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
Warum ist der Schutz des Feuchtgebiets wichtig?
Feuchtgebiete übernehmen essenzielle Funktionen für Umwelt und Mensch. Die geplante Bebauung stellt eine Gefährdung dar, insbesondere aus folgenden Gründen:
- Hochwasserschutz durch Retention
Feuchtgebiete speichern große Wassermengen und verhindern, dass es bei Starkregen zu Überschwemmungen kommt. Sie wirken wie natürliche Schwämme und reduzieren das Risiko von Hochwasserkatastrophen erheblich. Daher werden heute keine neuen Baugebiete mehr in solchen Arealen ausgewiesen.
- Schutz der Trinkwasserqualität
Ein natürlich erhaltenes Feuchtgebiet filtert Schadstoffe aus dem Wasser und trägt zur Reinhaltung des Grundwassers bei. Gerade in Zeiten zunehmender Trockenperioden und regionaler Trinkwasserknappheit ist dieser Aspekt von besonderer Bedeutung. Beispielsweise haben die Dürrejahre 2018 bis 2021 zu einem signifikanten Absinken der Grundwasserstände in Deutschland geführt. An knapp der Hälfte der ausgewerteten Messstellen fiel das Grundwasser auf den tiefsten Stand seit 1990. Regionen wie Bayern, der Schwarzwald und der Großraum Stuttgart sind besonders betroffen.
Quellen: ZDFmediathek, fr.de
- Klimaschutz & Temperaturregulierung
Feuchtgebiete tragen zur Senkung der Umgebungstemperaturen bei, indem sie durch Verdunstung eine natürliche Kühlung bewirken. Zusätzlich speichern sie große Mengen an CO₂ und tragen damit zur Reduktion des Treibhauseffekts bei. In vielen Regionen werden deshalb ehemals trockengelegte Gebiete mit erheblichem Aufwand wiedervernässt – eine Zerstörung intakter Feuchtgebiete wäre daher kontraproduktiv.
- Erhalt der Artenvielfalt
Das Feuchtgebiet in Affolterbach ist Lebensraum zahlreicher seltener Vogelarten. Ein aktuelles Gutachten eines renommierten Fachbüros bestätigt die hohe ökologische Wertigkeit dieses Gebiets. Viele dieser Arten stehen unter besonderem Schutz und sind auf ungestörte Brut- und Rastplätze angewiesen.
Naturschutz als langfristiger Gewinn für alle
Naturschutz und wirtschaftliche Interessen stehen nicht zwangsläufig im Widerspruch. Vielmehr profitieren Unternehmen langfristig von stabilen Ökosystemen, einer gesunden Umwelt und einer nachhaltigen Flächennutzung. Der Erhalt von Feuchtgebieten schützt nicht nur die Natur, sondern auch die Lebensqualität der Menschen vor Ort.
Die Naturschutzverbände appellieren daher an alle Beteiligten, eine umweltverträgliche Lösung zu finden und sich für den langfristigen Schutz des Feuchtgebiets einzusetzen.
Titelbild: Bekassine (c) Wolfgang Wenner