Von: Beate Hoffmann, Pressewartin NABU-Lampertheim e.V / Titelbild: Weibchen Knautien, Sandbiene | NABU P.Brixius
Überall bekommen wir sie angeboten: Insektenhotels in vielen Ausführungen und Preisklassen. Viele davon sind leider völlig ungeeignet, schlecht verarbeitet und dienen nur dem Geldbeutel und nicht den Wildbienen. Natürlich sind wir schnell dabei, Insektenhotels im Garten oder auf dem Balkon aufzuhängen. Sieht nett aus und hilft, denken wir. Aber erfüllen Sie das Versprechen, dass wir damit die gefährdeten Wildbienen wirklich unterstützen?
Sehen wir uns Wildbienen, ihr Nistverhalten und ihre Nahrungsquellen einmal genauer an. Wildbienen sind in Deutschland mit etwa 600 Arten vertreten, die Hälfte davon ist vom Aussterben bedroht.
Im Gegensatz zu den Honigbienen leben Wildbienen solitär
Größtenteils allein bauen die Wildbienenweibchen ihre Nester und versorgen die darin angelegten Brutzellen. Sie legen ihre Eier in Kammern, die sie durch Trennwände verschließen. Jede Kammer enthält eine Larve, die mit Pollen und Nektar als Proviant versorgt wird. Die Brutzellen werden einzeln oder zu mehreren in Gängen im Erdboden, im Inneren von Pflanzenstengeln, in Fraßgängen die von Käfern in Totholz angelegt wurden, in Löchern an Häusern/Fenstern etc. oder an einer freien Unterlage angebracht.
Wenige Tage nach der Eiablage schlüpfen die Larven und verzehren den in der Kammer liegenden Proviant. Anschließend spinnen sie sich in einen schützenden Seidenkokon und überdauern in der Brutkammer den Winter. Fast genau ein Jahr nach der Eiablage schlüpfen die jungen Wildbienen.
Bienen sind „vegetarische Wespen“
Bienen haben sich vor 130 Mio. Jahren aus wespenähnlichen Vorfahren entwickelt. Wespen-Larven ernähren sich vom Fleisch herbeigebrachter Insekten. Bienen-Larven ernähren sich von Nektar (Energielieferant) und Pollen (Eiweißlieferant).
Mit dem Übergang zur reinen Blütennahrung trugen die Wildbienen vor 130. Mio Jahren zu einer schlagartigen Beschleunigung der Artenbildung bei den Blütenpflanzen bei. Auf die Zunahme der Blühpflanzen-Vielfalt folgte eine Artenaufsplitterung/Spezialisierung bei den Bienen.
Heute haben Insekten in einer durch Monokulturen und dem Einsatz von Pestiziden geprägten Landwirtschaft schlechte Überlebenschancen. Aber auch artenarme Gärten tragen dazu bei: Rasen- oder Steinwüsten und Pflanzen deren Blüten für unsere Insekten keine Nahrung bieten, sind zum Standard in „Gärten“ geworden.
Insektenhotels bieten nur einigen Wildbienenarten Nistmöglichkeiten. Die Gehörnte und die Rote Mauerbiene, die häufigsten «Bewohner» der Insektenhotels, sind geschützte Arten, jedoch in ihrem Fortbestand aktuell nicht gefährdet. Viele tatsächlich bedrohte Wildbienenarten haben nichts von Insektenhotels, denn diese können ihre natürlichen Nistplätze unter der Erde nicht ersetzen.
Dreiviertel der bedrohten Wildbienen nisten unterirdisch
Am liebsten legen Sie ihre Eier in Gängen im Erdboden. Auch hierbei sind die Wildbienen spezialisiert und auf ihre Umwelt angepasst. Einige Arten nisten in sandigen Böden, wieder andere benötigen Lehm-Sandgemische für ihre Nistplätze. Die dafür notwendigen Freiflächen gehen aber durch intensive Versiegelung/Bebauung, Bodenplanierung, Düngung und dichte Bepflanzung immer mehr verloren.
Ein natürliches Bodenrelief wird benötigt
Ein natürliches Bodenrelief ist uneben mit schrägen und hügeligen Flächen. Diese unebene Struktur benötigen Wildbienen für die Anlage von Nistkammern. Im eigenen Garten genügt oft schon, einen möglichst trockenen Teil ungedüngt und von allzu dichtem Aufwuchs zu befreien, um im offenen Boden Nistmöglichkeiten für Wildbienen entstehen zu lassen. Hacken sollte hier unterbleiben und Harken nur sehr vorsichtig geschehen, damit Gänge und Nester der Bienen nicht zerstört werden!
Ein Sandhügel/-kuppel bietet ebenfalls Chancen einer Besiedlung, wenn dieser weitgehend vegetationsfrei gehalten wird. Selbst niedrige Abstiche bzw. Steilwände werden meist zuerst angeflogen.
Auch Trockenmauern bieten den Wildbienen und anderen Insekten kleine Hohlräume zum Nisten. Die heutzutage etwa als Lärm- und Sichtschutz eingesetzten Gabionen sind für Wildbienen völlig ungeeignet. Leere Schneckenhäuser kann man ebenso zur Besiedlung anbieten, jedoch sollten diese natürlich auf dem Boden einfach liegen gelassen werden und nicht in Insektenhotels gesteckt werden.
Am besten können wir Wildbienen unterstützen, wenn wir Ihnen genug Nahrung anbieten.
Nahrungsquellen für Wildbienen
Wildbienen nutzen ein großes Spektrum verschiedener blühender Pflanzen, um Pollen und Nektar für ihren Nachwuchs zu sammeln. Viele Arten sind dabei hoch spezialisiert und können nur eine oder wenige Pflanzenarten nutzen. Diese können wir in Gärten zur Verfügung stellen. Denn ohne Nahrungsangebot müssen die Tiere verhungern. Geeignete Wildblumen-Samenmischungen und heimische Sträucher kann man im gut sortierten Fachhandel erwerben.
Mit einer guten Auswahl von geeigneten Futterpflanzen kann man sehr viele spezialisierte (oligolektische) Wildbienenarten fördern. Bienenarten, die nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisiert sind (polylektische Arten), nutzen die im Folgenden genannten Pflanzengruppen ebenfalls.
- Korbblütler: Echte Kamille, Gemeine Wegwarte, Herbstastern, Schafgarbe, Orangerotes Habichtskraut, Rainfarn
- Schmetterlingsblütler: Zaunwicke, Hasenklee, Gewöhnlicher Hornklee
- Lippenblütler: Echter Salbei, Thymian, Gefleckter Taubnessel, Wasserminze, Aufrechter Ziest
- Doldenblütler: Fenchel, Wiesen-Bärenklau, Möhrenblüte
- Glockenblume: Rundblättrige Glockenblume, Wiesen-Glockenblume
- Kreuzblütler: Ackersenf, Blaukissen, Steinkräuter (Pflanzengattung)
- Weitere wertvolle Pflanzen: Mauerpfeffer, Saalweide, Schlehe, Obstbäume, Ahorn, Weissdorn, Blutweiderich, Gilbweiderich, Natternkopf, Reseda, Zwiebel, Lauch, Schnittlauch oder Zierlaucharten
Auf diesen NABU-Seiten finden Sie eine Liste geeigneter Pflanzen für den insektenfreundlichen Garten (Pflanzen für den Insektengarten – NABU): https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/tiere/insekten/22629.html
Diese Pflanzen sollten Sie vermeiden
Zuchtformen von Gartenpflanzen eignen sich dann als Pollen- und Nektarquelle, wenn deren Blüten für die Bienen zugänglich sind. Doch vielfach – z. B. bei Astern, Dahlien, Rosen oder Ringelblumen – sind die Blüten „gefüllt“ und die Nektardrüsen sind für die Bienen nicht mehr zugänglich.
Immergrüne Büsche und Sträucher, wie z. B. Bambus, Kirschlorbeer können von Wildbienen und vielen anderen heimischen Insekten nicht genutzt werden.
Bodennistende Wildbienenarten mit gezieltem Nahrungsangebot fördern
Die Knautien-Sandbiene steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Sie ist spezialisiert auf die Witwenblume und die Tauben-Skabiose. Sie nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde. Lange blieben die Nester unbekannt. Bei gefundenen Nestern lag der Eingang unter einer Rosette des Kleinen Habichtskrauts auf dem Wiesenboden zwischen Wiesenkräutern versteckt. Die Brutzellen liegen ca. 18 cm tief im Boden.
Einfach Wildbienen-Hilfe für die Knautien-Sandbiene: Durch die Anlage von Wiesen mit größeren Beständen von Knautien und Skabiosen sowie durch die Kultur in Staudenpflanzungen in Gärten und Parks kann die Sandbiene wirksam gefördert werden.