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NABU Bergstraße zur genehmigten Steinbrucherweiterung in Sonderbach: Dialog und Kontrolle bleiben entscheidend

Mit der Genehmigung der Erweiterung des Steinbruchs „Gehrenberg“ durch das Regierungspräsidium Darmstadt hat ein langjähriges Verfahren einen formalen Abschluss gefunden. Der NABU-Kreisverband Bergstraße nimmt die Entscheidung mit sachlichem Respekt zur Kenntnis und betont zugleich die Bedeutung einer konsequenten Umsetzung und Kontrolle der angekündigten Ausgleichsmaßnahmen.

„Die komplexen naturschutzfachlichen Fragen in einem Vorhaben dieser Größenordnung lassen sich nicht auf einfache Schwarz-Weiß-Kategorien reduzieren“, erklärt der Vorstand des NABU Bergstraße. „Uns ging es im Verfahren darum, die Belange von Artenschutz, Waldökologie und regionaler Rohstoffversorgung differenziert zu betrachten und dabei fachlich fundierte Hinweise zu geben.“

In seiner im Juni 2021 eingereichten Stellungnahme hatte der NABU-Kreisverband weder eine grundsätzliche Ablehnung formuliert noch eine pauschale Zustimmung ausgesprochen. Stattdessen wurde auf mögliche Defizite in der Qualität und Lage geplanter Ausgleichsflächen hingewiesen und deren naturschutzfachlicher Nutzen hinterfragt. Auch Fragen zum Vogelschutzgebiet und zu den Auswirkungen auf Kleinvögel, Fledermäuse und Amphibien wurden aufgeworfen – stets mit dem Ziel, konstruktive Impulse zu geben.

Mit Blick auf die jetzt genehmigte Reduzierung der Abbaufläche um 0,5 Hektar erkennt der NABU Bergstraße an, dass Einwände von Verbänden und Bürgerinitiativen in Teilen berücksichtigt wurden. „Das zeigt, dass sich Beteiligung lohnen kann – auch wenn der Verlauf des Verfahrens aus Sicht vieler Naturschützer an einigen Stellen besser hätte gestaltet werden können.“

Gleichzeitig möchte NABU-Kreisverband Bergstraße betonen, dass ein solcher Prozess nicht in einem pauschal beurteilt werden kann. Die Interessen von Rohstoffsicherung, Klimaschutz, Artenvielfalt und regionaler Entwicklung stehen sich nicht stringent gegenüber, sondern sind miteinander verflochten.

So wird im Rahmen der Diskussion häufig – und nicht unzutreffend – auf die klimatische Relevanz regionaler Versorgung hingewiesen: Ein Transport von mineralischen Rohstoffen über große Entfernungen verursacht höhere CO₂-Emissionen, wohingegen lokale Gewinnung den Ausstoß reduzieren kann. Dieses Argument ist nachvollziehbar, rechtfertigt aber allein nicht den Eingriff in ökologisch wertvolle Flächen. Denn ebenso relevant sind Schutzstatus, Habitatqualität, die Auswirkungen auf das Landschaftsbild sowie die langfristige Sicherung der Biodiversität.

Der NABU-Kreisverband begrüßt, dass das Unternehmen Röhrig Granit die Zusammenarbeit mit dem Naturschutz in der Vergangenheit aktiv gesucht hat und sich zu weiteren Schutzmaßnahmen bekennt. Entscheidend wird nun sein, wie die angekündigten Kompensationen und Schutzmaßnahmen konkret umgesetzt werden – und wie dauerhaft ihre Wirkung ist.

Die jahrzehntelange Kooperation zwischen dem NABU Hessen und der Firma Röhrig hat in der Vergangenheit wichtige Impulse für den Artenschutz gesetzt. Beispiele wie die Lebensraumförderung für Gelbbauchunke, Uhu oder Wanderfalke innerhalb der bestehenden Steinbruchflächen zeigen, dass Rohstoffgewinnung und Naturschutz unter bestimmten Rahmenbedingungen vereinbar sein können. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Naturschutzverbände, bei zukünftigen Entwicklungsschritten weiterhin kritisch zu begleiten, zu evaluieren – und gegebenenfalls auch zu intervenieren.

„Die Rohstoffversorgung darf nicht auf Kosten dauerhaft geschützter Lebensräume gehen. Wo Eingriffe erfolgen, müssen hochwertige Ausgleichsflächen mit echtem Mehrwert für die Artenvielfalt geschaffen werden“, so der NABU Bergstraße abschließend.

Bild: Bombina variegata, Gelbbauchunke | Bernhard Schubert

NABU Logo

Planfeststellungsbeschluss zur Steinbruch-Erweiterung

Hier herunterladen (PDF)

Was bedeutet der Beschluss zur Steinbruch-Erweiterung konkret?
Eine Übersicht für Interessierte

📌 Erweiterte Fläche & Rodung
Der Steinbruch wird um fast 6 Hektar erweitert – das sind rund acht Fußballfelder. Eine kleine Fläche am Rand (ca. 0,5 Hektar) wurde auf Druck von Bürger:innen und Verbänden aus dem Plan gestrichen. Trotzdem sollen rund 5,8 Hektar Wald gerodet werden, davon ein großer Teil ehemals besonders geschützter Bannwald. Die Abbaugrenze liegt künftig bei 198,5 Metern über dem Meeresspiegel. Auch ein geplanter neuer Waldweg wurde nicht genehmigt.

🌳 Bannwald aufgehoben
Die betroffene Fläche war vorher als Bannwald geschützt – das ist die höchste Schutzkategorie in Hessen. Dieser Schutz wurde aufgehoben, da der Wald vollständig entfernt und „kompensiert“ werden soll. Naturschutzverbände kritisieren diese Praxis, weil neuer Wald Jahrzehnte braucht, um die gleiche Qualität wie alter Wald zu erreichen.

🦉 Artenschutz-Ausnahmen
In dem Gebiet leben streng geschützte Arten wie Uhu und Wanderfalke. Obwohl deren Lebensräume eigentlich gesetzlich besonders geschützt sind, wurde für das Vorhaben eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Konkrete Schutzauflagen wie Brutzeiten oder Monitoring gibt es nicht – vieles soll „später abgestimmt“ werden, was aus Sicht vieler zu unverbindlich ist.

🌱 Ausgleichsmaßnahmen (Kompensation)
Als Ersatz für den Naturverlust sollen auf 8 Hektar externen Flächen neue Wälder entstehen – teils durch Aufforstung von Wiesen. Kritiker weisen darauf hin, dass solche Wiesen oft selbst wertvolle Lebensräume sind und durch die Aufforstung wiederum Natur verloren geht. Diese Kritik wurde im offiziellen Beschluss nicht aufgenommen.

📊 Umweltprüfung (UVP)
Das Verfahren wurde durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) begleitet. Ergebnis der Behörde: Die Auswirkungen seien nicht schwerwiegend genug, um Alternativen zu fordern oder das Projekt zu stoppen. Verbände sehen das anders, vor allem beim Artenschutz und bei den Kompensationsmaßnahmen.

💧 Wasser & neuer See
Nach dem Ende des Abbaus soll ein 20 Hektar großer See entstehen – etwa so groß wie 30 Fußballfelder. Die Behörden sehen keine Risiken für das Grundwasser. Eine genauere Prüfung z. B. zur Wasserqualität wurde aber nicht gefordert – auch das stößt auf Kritik.

⚖️ Klage & Sofortvollzug
Trotz möglicher Klagen darf das Unternehmen sofort mit den Arbeiten beginnen – eine Regelung namens Sofortvollzug. Das erschwert es Gegner:innen, das Projekt noch juristisch aufzuhalten, selbst wenn das Gericht später Zweifel an der Genehmigung hätte.


📎 Hinweis: Diese Übersicht fasst die wichtigsten Punkte des Planfeststellungsbeschlusses vom Mai 2025 in einfacher Sprache zusammen. Die vollständigen Unterlagen können vom 2. bis 16. Juni auf den Seiten des Regierungspräsidiums oder in den betroffenen Kommunen eingesehen werden.